In die Beziehungsebene investieren

In einer Befragung hat sich gezeigt, dass viele Menschen einen informellen Austausch zu Beginn von Online-Meetings als Zeitverschwendung betrachten. Das kann verschiedene Gründe haben: Online-Meeting folgt auf Online-Meeting, der Austausch ist nicht wirklich informell und je nachdem handelt es sich nicht mal um einen Austausch. Ich denke, dass sich die Investition von etwas Zeit in die Beziehungsebene durchaus lohnt.

Vier Seiten einer Nachricht

Das Kommunikationsmodelle „Vier Seiten einer Nachricht“ oder das „Kommunikationsquadrat“ von Schulz von Thun ist im deutschen Sprachraum recht geläufig. Es besagt, dass jede Nachricht (also beispielsweise eine Äusserung) immer gleichzeitig vier Seiten aufweist: Die Sachebene (worum geht es?), der Appell (was soll der / die andere tun?), die Selbstoffenbarung (was gebe ich von mir preis?) und die Beziehungsebene (wie etabliere ich die Beziehung zwischen mir und der anderen Person?).

Wir sehen daraus, dass Kommunikation nicht nur ein Austausch von Informationen ist, sondern dass sie immer auch an die Beziehungsebene geknüpft ist: Wir setzen uns mit unserer Kommunikation in Beziehung zu anderen. Wir können auf Augenhöhe sein, uns unterordnen, uns über jemanden erheben. Je nach dem, wie andere auf uns und unsere Nachrichten reagieren, ergibt sich eine Dynamik zwischen uns.

Collaboration: mehr als nebeneinander arbeiten

Die Beziehungsebene ist also wichtig in der Kommunikation und wir kommen nicht um sie herum. Noch besser lässt sich dies am Modell von Blake und Mouton erklären. Ursprünglich war dieses Modell gedacht um verschiedene Führungsstile zu unterscheiden. Ich habe es in Kombination mit dem Vier-Seiten-Modell von Schulz von Thun etwas zweckentfremdet und nutze es jetzt, um Collaboration zu veranschaulichen.

Collaboration geht über blosse Zusammenarbeit hinaus: Alle Parteien sind daran interessiert, zusammen etwas Neues zu schaffen. Sie arbeiten nicht nebeneinander oder einander zu, sondern aus ihrer gemeinsamen Anstrengung ergibt sich ein Synergie-Effekt. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.

Was braucht es dazu? Erstens einmal können wir mit niemandem zusammenarbeiten (in diesem engeren Sinne), der nicht von sich aus auch ein Interesse daran hat. Zweitens müssen wir alle sowohl die Sache, wie auch die Beziehung als wichtig erachten. Immer wieder erläutere ich hierzu: Es geht nicht darum, die anderen zu mögen, sondern sie zu respektieren. Das heisst: Ich nehme die anderen ernst und akzeptiere sie so, wie sie sind – auf der Sachebene und auf der emotionalen Ebene.

Andere persönlich kennen lernen

Auch wenn ich andere nicht mögen und cool finden muss, so muss ich sie doch etwas näher kennen lernen. Es geht darum, jemanden als Menschen wahrzunehmen. Und was uns als Menschen ausmacht, das sind zu einem guten Teil unsere Gefühle (also die Selbstoffenbarung aus dem Vier-Seiten-Modell). Diese menschliche, emotionale Komponente wahrzunehmen, das geht nur sehr schlecht, wenn wir unseren Austausch auf ein sachliches Minimum reduzieren.

Wenn wir aber – beispielsweise in einem Check-In – auch Dinge über eine Person erfahren, die über das pure Berufs-Ich hinausgehen, dann können wir eine persönliche Beziehung aufbauen. Und dann sage ich hierzu immer und immer wieder: Nein, wir müssen dazu keine Gruppentherapie machen und es geht nicht darum, dass wir uns weinend in den Armen liegen! Es startet damit, dass ich weiss, wie es den anderen im Allgemeinen so geht, dass ich ihre kleinen Alltagssorgen kenne und dass ich weiss, was ihnen Freude macht.

Ich weiss aus Erfahrung: Wenn wir Zeit und Raum schaffen, damit sich Menschen in einem Team persönlich kennen lernen können, dann können diese besser zusammenarbeiten und kreativere Lösungen finden. Und darum glaube ich, dass sich diese Investition in die Beziehungsebene lohnt.