Zusammen mit einer Kollegin von Sharing Tribe habe ich eine Umfrage gestartet, in der wir wissen wollten: Was sind eigentlich aktuell die häufigsten Hindernisse in der Kommunikation? – Die Ergebnisse überraschen nicht und sie zeigen auf, dass Remote-Kommunikation die alltäglichen Hürden noch verstärkt.
Die meisten Herausforderungen in der Kommunikation haben momentan damit zu tun, dass wir alle im Homeoffice sitzen und nur remote mit anderen interagieren. Die Kommunikation online wird als sehr grosse Schwierigkeit angesehen. Allerdings: Bei genauem Hinsehen fällt auf, dass es online einfach noch schwieriger wird. Mein Verdacht ist, dass die genannten Problem schon vorher da waren. Durch die Online-Situation manifestieren sie sich jetzt einfach stärker in täglichen Arbeitsprozessen, d.h. sie treten jetzt deutlicher zu Tage.
Grob gesagt lassen sich die Schwierigkeiten in drei Gruppen einteilen: Sie betreffen „Zeit und Raum“, „persönliche Beziehungen / emotionale Angelegenheiten“ und „Missverständnisse“.
Zeit und Raum
Wenn wir vor Ort an Sitzungen teilnehmen, brauchen wir zwischen zwei Sitzungen mindestens die Zeit, von einem Sitzungszimmer ins nächste zu kommen. Optimalerweise können wir dazwischen mal kurz die Toilette benutzen oder uns in der Cafeteria einen Kaffee holen. Getoppt wird diese Variante, wenn wir sogar noch Zeit für einen informellen Schwatz bei der Kaffeemaschine haben. In Gesprächen mit Workshopteilnehmerinnen habe ich erfahren, dass das mit Online-Meetings etwas anders ist: Meeting grenzt oft direkt an Meeting, Pausen gibt es nicht – die Termine werden einem direkt angrenzend in die Agenda gepflanzt.
Schwierig ist in Bezug auf den Raum ausserdem, dass oft nicht geregelt ist, in welchem Kanal ein Meeting stattfinden kann. Das führt zu Chaos, weil viele Kanäle durcheinander genutzt werden. Hier bin ich persönlich offener, mindestens was den Austausch angeht – gut beraten ist man sicherlich, wenn die Dokumente zentral auf einer Ablage abgelegt werden. Wichtig ist es, den Link und die Einwahldaten für die Videokonferenz nicht zu vergessen und am besten gleich mit der detaillierten Einladung mizusenden.
Persönliche Beziehungen und emotionale Angelegenheiten
In den Meetings selber ist auch keine Zeit für die Beziehungspflege. Ein Check-In (z.B. mit der kleinen, ernst gemeinten Frage: „Wie geht es dir heute?“) oder eine gemeinsame virtuelle Kaffeepause wird oft als Zeitverschwendung angesehen, denn dabei sei man ja nicht produktiv. Manche Mitarbeitende machen zwar mit, zeigen aber kein Commitment, d.h. sie organisieren und initiieren nicht selber, dass sozialer Austausch stattfindet. Und so sind es dann immer dieselben, die „ineffiziente Events“ organisieren.
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir effizienter sind, wenn die Zusammenarbeit mit anderen auch auf der emotionalen Ebene klappt (und ich betone hier gerne noch einmal, dass das nicht bedeutet, dass wir andere mögen müssen!). Vor allem sind wir aber effektiver, weil wir im informellen Austausch merken, was wirklich wichtig ist. Hierzu gibt es übrigens auch das Konzept der osmotischen Kommunikation von Alistair Cockburn: Wenn wir im selben Raum arbeiten, nehmen aus der ständig rieselnden Kommunikation viel mehr und vor allem auch das Wichtige wahr.
Missverständnisse
Die meisten Missverständnisse werden gar nie aufgedeckt, d.h. wir merken meist nicht, dass wir von anderen falsch verstanden wurden oder dass uns andere nicht richtig verstanden haben. Wenn wir remote miteinander arbeiten, verringert sich die Chance noch einmal drastisch, weil wir nur eine reduzierte Menge an Feedback (z.B. Mimik, Gestik, Stimme) erhalten. Um so wichtiger ist es, schriftliche Informationen und Aufforderungen klar auf den Punkt zu bringen und uns explizit darüber zu vergewissern, dass unsere Botschaft auch angekommen ist. Dabei spielt natürlich auch eine Rolle, dass wir den richtigen Kanal wählen. Ich finde persönlich nichts ärgerlicher, als wenn mir jemand ein SMS schickt mit einem langen Link und der Aufforderung, dass ich mir das unbedingt am grossen Bildschirm anschauen muss…
Neben Missverständnissen auf der Sachebene gibt es auch solche auf der emotionalen Ebene. Dabei handelt es sich dann um Konflikte (wobei ein Konflikt nicht grundsätzlich etwas Negatives sein muss: Er kann uns auch einfach mal hellhörig machen). Ein oft genanntes Phänomen ist hier die Höflichkeit. Wenn Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund (Firmenkultur, Herkunft usw.) aufeinandertreffen, hinterfragen sie meist nicht die Höflichkeitsmuster. Wenn wir jemanden als unhöflich empfinden, sind wir auf der emotionalen Ebene und das lähmt oft unsere Möglichkeit, eine Situation zu reflektieren.
Was hilft?
Wir haben in unserer Umfrage auch danach gefragt, welche Erfahrungen und Instrumente den Teilnehmenden am meisten geholfen haben. Viele haben gesagt, es hilft ihnen, wenn sie sich selber immer wieder reflektieren, vielleicht auch im Team. Folgende Werkzeuge haben sie genannt:
- Aktives Zuhören (es ist nicht einfach und online ist es für viele noch etwas schwieriger, darum: üben, üben, üben)
- Gesprächsvorbereitung und -führung (allen Teilnehmenden muss bewusst sein, was das Ziel des Gesprächs ist, jemand moderiert und hält dabei auch die Zeit im Auge und: zu einer Sitzung kommen nur jene, die aktiv etwas zum Inhalt beitragen können – alle anderen können danach das Stichwortprotokoll lesen)
- Gewaltfreie Kommunikation und Ich-Aussagen (auch das nicht einfach, darum: üben, üben, üben)
Insgesamt ist es für die Zusammenarbeit hilfreich, wenn wir auf Augenhöhe kommunizieren. Doch wie macht man das? Der erste Schritt dazu ist, allen als gleichwertig zu begegnen. Wenn ich vormache, wie das geht, dann besteht eine grosse Wahrscheinlichkeit, dass andere mir dies nachmachen. Und wenn dann alle bereit sind, kann man im Team auch über die Zusammenarbeit reflektieren und darüber, wie Kommunikation stattfinden soll. Anfangs vielleicht auch unter neutraler Anleitung oder mit einem Coaching, später unbedingt alleine.