[with english summary] Ich hatte letzthin einen schiefen Tag, der schon mitten in der Nacht sehr schräg begann. Irgendwann nachmittags haben sich meine Wege mit jenen eines Kollegen gekreuzt. Er fragte, wie es mir gehe und ich habe geantwortet: „Naja, ist nicht gerade so rosig heute.“ Er hat mich völlig verblüfft angeschaut und erwidert, Small Talk-Fragen seien nie ernst gemeint, da sage man immer, dass es einem gut gehe.
Ich gebe zu, ich hatte seine Frage nicht als Small Talk eingeordnet. Ich hätte ihm nicht mein Herz ausgeschüttet, aber ich hatte einigermassen ehrlich geantwortet. Im Nachhinein hat mich beschäftigt, was es mit Small Talk eigentlich auf sich hat. Viele Menschen verstehen darunter ein Instrument, um kurz mit jemandem Nettigkeiten auszutauschen. Mit Betonung auf Nettigkeiten. Nichts Ernstes, nichts Tiefgreifendes. Nie. Die Wetter-Gespräche.
Wenn ich an einem Anlass bin und mit Leuten spreche, fällt mir dieser Small Talk schwer. Ich habe keine Lust, meine Zeit mit oberflächlichen Nettigkeiten zu verschwenden. Es gibt so vieles, was mich wirklich interessiert, was ich genau erläutert bekommen möchte, wo ich tausend Nachfragen habe. Und es gibt tatsächlich immer wieder Situationen, wo ich innerhalb von Sekunden mit einer völlig fremden Person mitten in einer interessanten Diskussion bin.
Aktives Zuhören
Tim Casasola zeigt auf, wie man mit guten Fragen zu guten Antworten kommen kann. Wichtig ist dabei die Haltung: Dass wir etwas wirklich wissen wollen, wenn wir danach fragen. Und wir müssen uns selber zurück nehmen, uns die Antwort anhören ohne gleich auf Parallelen hinzuweisen oder Beispiele aus der eigenen Erfahrung anzuführen, wie Happy Melly (Link leider entfernt) in Regel Nummer 4 zur wertvollen Kommunikation schreiben. Damit sind wir fast schon im Bereich der psychologischen Gesprächsführung oder beim systemischen Coaching.
Im Allgemeinen sollte Small Talk zwischen diesen beiden Polen von Oberflächlichkeit und Systemik liegen. Ein Gespräch – eine Interaktion! – in der alle Beteiligten sowohl zuhören wie auch (substantielle) Beiträge liefern. In der Fragen gestellt werden, deren Antworten man wirklich wissen will und zwar unabhängig davon, wie man die Fragen selber beantworten würde.
Aktives Zuhören bedeutet in diesem Sinne, eine fragende, interessierte Haltung einzunehmen. Zuzuhören, was andere zu sagen haben. Und dann seine eigene Einschätzung einzubringen und mit anderen Perspektiven abzugleichen. Es entsteht nicht ein Wettstreit der Meinungen, sondern ein Zusammenspiel.
Interessierte Haltung
Im Zusammenhang mit Agilität sind Selbstorganisation und Zusammenarbeit wichtig. Das geht nicht ohne Interaktion. Es geht nicht, ohne dass wir an Gesprächen aktiv teilnehmen, indem wir zuhören, aber auch Inputs einbringen. Eine wichtige Voraussetzung dabei ist, dass ich meine eigene Haltung kenne: Was will ich von den anderen wissen? Was interessiert mich und wieso? Bin ich überhaupt interessiert? Und falls nein: Warum nicht? Und warum nehme ich trotzdem an dem Gespräch teil?
Wenn mich das Wetter nicht interessiert, dann sollte ich auch nicht danach fragen. Jedenfalls nicht, wenn ich ein ernsthaftes Gespräch starten möchte. Und: Nicht jede Situation ist für tiefgründige Gespräche geeignet. Wenn mich künftig jemand auf dem Flur fragt, wie es mir geht, dann nicke ich brav und sage: Gut, gut. Aber mit den Menschen, mit denen ich zusammenarbeite, mit denen ich mich selbstorganisiere, mit den Menschen versuche ich mir eine offene Gesprächskultur zu erhalten – auch beim Small Talk auf dem Flur.
Summary in English
Some people see small talk as a means to talk about superficial kindness. A colleague told me once that in small talk you never answer questions about your wellbeing honestly. Instead you talk about harmless things like the weather and stuff. If you are really interested in someone or something this may be a bit annoying: There would be so many questions and topics to talk about. And I find myself often within seconds in deep discussions with total strangers.
Deep listening
Tim Casasola enlists some useful questions for active listeners to get interesting information. Happy Melly (content removed) propose in rule #4 to „listen without giving advice and without relating it back to you“. That comes close to systemic coaching. Generally speaking, productive small talk should be in between superficiality and systemic approach. It should be a conversation where everyone both listens and speaks: interaction. Asking questions in this context means that I want to know the answers others have, unbiased of what I think would be the „right“ answer.
Agile mindset
This only works if I really am interested, if I really have an attitude of truly wanting to know. In this case it isn’t about agreeing, neither is it a fight about truth, it simply is about discussing and understanding the other perspectives. And this is what you need to collaborate and self-organize a team.
It’s most important that I’m aware of what I really think and want: What do I want to know about the others? What is of interest for me and why? Am I at all interested? And if not: Why? And why am I still part of this conversation anyway?
Not every situation for small talk is appropriate for profound conversations and interactions. If you don’t feel about going deep or if you feel that your dialog partner doesn’t: Just talk about the weather. But if you are interested in people and what they’re doing: Go for it and ask your questions.