[english summary] Das Eisenhower-Prinzip mit seinen vier Feldern von „wichtig und dringlich“ zu „weder noch“ ist in Verruf: Was ist schon nicht wichtig und was nicht dringend? Und was wichtig ist, ist auch dringend und umgekehrt. Das Prinzip kann aber auch agil verwendet werden und von einer Hardcore-ToDo-Liste zu einem Instrument werden, das einem Wohlbefinden verschafft.
Kürzlich hatte ich eine Cochee, die mit einem Coaching ihren Perfektionismus bearbeiten wollte. Schnell stellte sich heraus, dass der Perfektionismus nicht das eigentliche Problem ist. Im Gegenteil: Perfektionistisch zu sein macht ihr Freude und zwar gleich in zweierlei Hinsicht. Einerseits nämlich beruhigt es sie, wenn sie an Sachen herumfeilen kann, andererseits hat sie danach Freude am Ergebnis. Was sie stresst ist der dauernde Vorwurf ihres Umfeldes, dass sie so perfektionistisch ist.
Das Eisenhower-Prinzip
Mir fiel die Vierfeldertafel des Eisenhower-Prinzips ein. Es teilt alle anstehenden Aufgaben in vier Quadranten ein und zwar anhand der Achsen „wichtig“ und „dringlich“. Dinge, die sowohl dringlich wie auch wichtig sind, soll man sofort und selber angehen. Aufgaben, die wichtig aber nicht dringlich sind, soll man terminieren (weil sie irgendwann dringlich werden). Dinge, die zwar dringend aber nicht wichtig sind, soll man an andere delegieren. Was weder dringend noch wichtig ist, kann (und soll) man ignorieren. Unklar ist, woran sich eigentlich Wichtigkeit misst: Wer bestimmt, was wichtig ist und was nicht. In den meisten Beispielen zum Eisenhower-Prinzip bleibt all das auf der Strecke, was einem persönlich Freude macht.
Alternativ lässt sich mit einem anderen Vierfelder-Schema arbeiten:
Ich habe mit meiner Cochee verschiedene Beispiele besprochen: Die Kinder muss man mit Essen versorgen, das hat auf jeden Fall 1. Priorität. Aber ihr ist es beispielsweise auch persönlich wichtig (A). Hingegen ist ihr klar, dass für den Familienfrieden das Weihnachtsfest mit beiden Grosselternteilen gefeiert werden muss, aber ihr persönlich ist das überhaupt nicht wichtig (B). Bei C hat sie als Beispiel den Schrank genannt, den sie schon lange aufräumen wollte (d.h. es war ihr persönlich wichtig), aber keine prioritäte Aufgabe, weil vieles wichtiger war. Als D-Beispiel nannte sie schliesslich, mit ihrem Partner ins Kino zu gehen. Sie hat dabei viel Koordinationsaufwand (wegen der Kinder) und doch nicht so viel von ihrem Partner.
Vielleicht sieht der eine und die andere an diesen Beispielen schon, dass die Einteilung sehr persönlich ist. Was der einen wichtig ist, ist dem anderen vielleicht schnurz egal. Geprägt werden wir im Alltag aber oft durch jene Dinge, die einfach dringend sind und die man machen muss. Kinder oder Katzen kann man nicht einfach verhungern lassen. Wie sauber ich meine Wohnung halte, ist (zumindest wenn ich alleine dort lebe) meine eigene Entscheidung. Aufgaben, die andere stressen, beruhigen mich und machen mir sogar Freude. Ich kenne zum Beispiel Menschen, die putzen zur Entspannung und es würde ihnen wirklich etwas fehlen, wenn sie jemanden für diese Tätigkeit engagieren würden.
Das Wohlbefinden
Meine Coachee hat dann noch etwas weiteres ins Spiel gebracht, was meiner Meinung nach diese Vierfeldertafel sehr agil macht: Manche Dinge (oder vielleicht auch die meisten) rücken in diesen Feldern herum. Klassisch kommen Aufgaben von der weniger dringlichen Priorisierung in die erste Prioritätsklasse, wenn man sie nur lange genug aufschiebt (ein grosser Vorwurf, nicht nur an das Eisenhower-Prinzip sondern an alle Zeitmanagement-Instrumente). Es kann aber auch sein, dass einem Dinge manchmal mehr und manchmal weniger wichtig sind. Vielleicht hat meine Coachee irgendwann einfach mal genug davon, für ihre Kinder zu kochen. Die Aufgabe rutscht ins B-Feld und ihr Partner übernimmt es öfter.
Gleichzeitig nervt sie der unaufgeräumte Schrank viellicht plötzlich so sehr, dass er ins A-Feld rückt. Und während sie ihn aus- und wieder schön einräumt, kann sie sich abreagieren, entspannen und am Ende freut sie sich über die neue Ordnung. Und hier zeigt sich noch einmal der Vorteil, wenn man die Wichtigkeit von Aufgaben in „mir wichtig“ und „der Umwelt wichtig“ einteilt: Es kann nämlich sehr gut sein, dass etwas mir persönlich gut tut, während es für die Umwelt nicht so wichtig ist. Viele Menschen sind gestresst durch alles, was von aussen gefordert wird. Der Partner meiner Coachee findet es schrecklich, in der Freizeit arbeiten zu müsssen. Meine Coachee kann super entspannen und sich selber etwas Gutes tun, wenn sie am Abend noch an einer Präsentation herumfeilt.
Oft wird zur Erhaltung der Work-Life-Balance eine rigorose Trennung dieser beiden Bereiche verlangt. Aber wie immer gibt es keine allgemeine Gültigkeit. Jeder muss für sich selber entscheiden, was ihm gut und was nicht. Man darf sich also durchaus getrauen, „Arbeit“ ins A-Feld zu rücken, wenn sie einem Wohnbefinden verschafft.
Der agile Austausch-Eisenhower
Soweit, so gut — meine Coachee hat sich vorgenommen, sich für alle ihre Aktivitäten zu überlegen, in welchem Feld sie sie ansiedelt. Und sie möchte das in Zukunft auch angemessen ihrem Partner kommunizieren. Statt „Ich muss noch die Präsentation fertig machen.“ möchte sie in Zukunft sagen: „Ich muss mich jetzt runterfahren, ich setze mich noch etwas an meine Präsentation, da kann ich mich gut entspannen.“
Zusätzlich haben wir die Idee entwickelt, dass sie gemeinsam mit ihrem Partner eine solche agile Vierfeldertafel führen könnte: Jeder kriegt eine eigene Farbe Post-Its und schreibt darauf seine Aufgaben. Die Zettel werden für beide nicht identisch sein, denn was nicht in die zweite Priorität kommt, ist nicht auf dem Board zu sehen. Die (eigenen) Zettel dürfen nach Lust und Laune in den Feldern verschoben werden. Und natürlich darf man die anderen dabei beobachten, wie sie ihre Aufgaben zwischen den Prioritäten und Wichtigkeiten hin und her schieben. Das Board macht sich darum gut an einem Ort, wo man immer wieder vorbei kommt und auch einmal davor stehen bleiben kann. Spontan viel uns das Bad ein, wo man sich beispielsweise während des Zähneputzens gedanklich ausgibig damit befassen kann.
Hoffentlich erkennen die beiden dann auch Überschneidungen: Was beide nicht für persönlich wichtig halten, können sie delegieren. Was der eine widerwillig macht, die andere gerne, können sie abtauschen. Und vielleicht finden sie sogar Dinge, die ihnen beiden wichtig wären, die sie aber bisher nie als dringend eingestuft haben. Vor allem werden sie aber besser verstehen, wieso der andere bestimmte Dinge macht und dass sie ihm oder ihr halt einfach gut tun.
Summary in English
The Eisenhower Matrix divides all tasks in four fields according to the axes „urgent“ and „important“. It helps with the decision whether to do something right away or put it on a ToDo-list, to delegate (if it isn’t that important) or to forget about it all the way.
The thing is thought: Who decides what is important? And what is with the stuff that no-one cares, but that is important to you, that makes you happy? So we can extend the Eisenhower Matrix by dividing whether something is „important for me“ or „important for others“:
Whether or not a task makes us happy is a very individual question. Some will say that everything work-related stresses them out, others like to do things like working on a presentation to relax themselves before going to bed. Think about it: What is important to you?
Further, we can try to apply this matrix into an agile context by writing our tasks on post-its and shifting them around the four quadrants whenever we feel about it. And we can use the board even as a team assigning different colors to each member of the group. So we can see, what priorities and importances the others set and perhaps we can redirect tasks or we can find common relaxing undertakings for recreation. Most of all we will understand what benefits the other.