KI ist plötzlich den Science Fiction-Filmen ent- und in unserer Realität angekommen. Aber ist sie wirklich intelligent? Und was wird jetzt aus der Intelligenz der Menschen?
Ohne dass ich viel von der Technik dahinter verstehe und erklären kann, erst einmal eins vorweg: Künstliche Intelligenz ist — je nach dem, wie man Intelligenz definiert — gar nicht intelligent. ChatGPT und Co werten vorhandene Datensätze (beispielsweise menschliche Sprache) aus und leiten daraus Wahrscheinlichkeiten ab. Sie berechnen anhand bestehender Texte, welches Wort mit grösster Wahrscheinlichkeit in einem Satz oder in einem Gespräch als nächstes folgen wird.
Die Qualität des Outputs hängt damit einerseits ganz stark ab von den Daten, mit der man eine KI vorab trainiert hat. Und andererseits hängt sie davon ab, was ich die KI frage, beziehungsweise, was für einen Prompt ich schreibe. Steht wenig Intelligentes am Anfang, kommt wohl auch wenig Intelligentes raus.
Was ist Intelligenz?
In einer Aussage wie „Diese Person spricht sehr gehoben. Sie muss darum sehr intelligent sein.“ widerspiegelt sich einerseits Respekt gegenüber Intelligenz und Wissen und andererseits zeigt sich, dass wir Menschen uns oft verschätzen, wenn wir Intelligenz an Sprache alleine festmachen. Anders ausgedrückt: Spricht jemand sehr kompliziert, handelt es sich bei dem, was rauskommt, vielleicht auch einfach um irgendein Geschwurbel.
Ich habe diese Erfahrung schon oft mit Studierenden gemacht, die zum ersten Mal eine wissenschaftliche Arbeit schreiben: Sie ahmen jene Sprache nach, die sie in wissenschaftlichen Aufsätzen finden. Und sie merken dabei noch nicht, dass es nicht in erster Linie um die Sprache geht, sondern um das, was dahinter steht. Oder sie verstehen nicht, was dahinter steht, und schreiben darum einfach ab.
Wenn Dinge kompliziert und vor allem auch komplex sind, wird es auch tatsächlich schwieriger, sie einfach zu erklären. Fachsprache ist etwas sehr nützliches, wenn Fachexpert:innen unter sich sind. Sobald Laien dazu kommen, verliert sie aber ihren Nutzen. Und in der Zeit von Social Media und Internet ist das Publikum nicht einfach zu bestimmen: Wer einen Text veröffentlicht, weiss nicht, wer diesen Text lesen wird.
Wenn Intelligenz nicht an der Sprach gemessen werden kann, können wir beispielsweise auf die Bildung zurückgreifen: Intelligent ist, wer viel gelernt hat. Aber da kommt das nächste Problem: Was heisst lernen? Und welche Inhalte muss ich lernen? Reicht es, wenn ich beliebige Bücher auswendig kann? Oder muss ich die Inhalte auch verstehen und daraus etwas ableiten können, was ich in meinem eigenen Leben anwenden kann? Und falls dies der Fall ist, hat Intelligenz dann überhaupt etwas mit Bildung zu tun oder geht es nicht mehr darum, wie ich mich in der Welt verhalte?
Könnte sich also Intelligenz darin zeigen, wie ich handle und ob ich es schaffe, die Dinge (für die Menschheit oder für mich selber) zum besseren wenden zu können?
Das Modell der synergetischen Collaboration zeigt, wie wir andere zur Zusammenarbeit verführen können, indem wir auf sie eingehen und sie ganzheitlich (also beispielsweise in ihren sachlichen Argumenten und mit ihren emotionalen Bedürfnissen) wahrnehmen und respektieren. So haben andere mehr Lust, sich auch auf uns einzulassen. Und wenn wir das gemeinsam versuchen, dann finden wir plötzlich kreative und innovative Wege, um bestehende Probleme zu lösen.
Das könnte ein guter Ansatz sein, um Dinge besser zu machen. Die Frage ist, ob eine KI dazu fähig wäre. Gerade bei den Emotionen scheint es noch etwas zu hapern (vgl. Nachtrag hier: KI für soziale Interaktion nutzen).
Kann KI meiner Intelligenz auf die Sprünge helfen?
Für eine studentische Arbeit habe ich mich zu einem Interview zur Verfügung gestellt. Es ging darum, ob ich KI für meine Arbeit nutze. Ich habe daraus zwei Dinge gelernt: Junge Menschen tun sich offenbar manchmal schwer mit Sprache und freuen sich, dass sie sprachliche Aufgaben von KI lösen lassen können. Und bei mir läuft viel vom Denken über Sprache ab.
Wozu könnte ich KI nutzen? Beispielsweise um Konzepte für Workshops und Trainingseinheiten erstellen zu lassen. Um Folien formulieren zu lassen (Wirklich? Folien sollen eigentlich ja nur Stichworte enthalten…). Um Literatur zusammenfassen zu lassen. Um selber ausführliche Texte zu schreiben.
Ich stelle mir vor, wie jemand mit KI einen Fachtext erstellen lässt, diesen irgendwo ins Internet stellt und wie dann andere diesen Text von einer KI zusammenfassen lassen. Und ich frage mich, wo in diesem Prozess noch Denken stattfindet und wie in diesem Prozess neues Wissen und neue Ideen entstehen können.
Und ich merke, wie ich mich gerne mit Sprache beschäftige, Texte in einem iterativen Prozess selber schreibe und wie ich die gedankliche Auseinandersetzung mit Texten anderer brauche, um mit einer Materie vertraut zu werden. Wie sich aus dieser Auseinandersetzung neue, eigene Gedanken in meinem Kopf formen. Es macht mir Spass, ein Konzept zu erarbeiten und wenn ich eine KI das für mich machen liesse, dann würde ich mich als blosse Präsentatorin eines fremden Textes verloren fühlen.
Es wird noch eine Weile gehen, bis ich mich an KI gewöhne und sie gewinnbringend einsetzen kann für meine Zwecke. Vielleicht muss ich meine Lieblingstätigkeiten ja auch nie abgeben. Wer weiss.
Ist KI also nicht intelligent?
Nachtrag: Das Thema beschäftigt nicht nur mich. Und in der Diskussion mit anderen habe ich für mich einen Lichtblick gefunden: Gerade weil KI Wissen aus einer grossen, bestehenden Datenmenge generiert, beruht doch das, was sie hervorbringt, auf grosser menschlicher Intelligenz. Denn die Datenmenge, all das Sprachmaterial, all die Texte, mit denen KI trainiert wird, stammt tatsächlich von Menschen — im Moment noch…