Meine erste Erfahrung mit agiler Didaktik liegt schon ein paar Jahre zurück. Ich habe damals, im Team-Teaching, einen Kurs in der Form des Problem Based Learning (PBL) angeboten. Das Ergebnis hatte mich damals etwas enttäuscht. Es ist zwar gut gelaufen, ich habe mich aber gefragt: „Wars das jetzt?“
Danach habe ich in einen anderen Lehrkontext gewechselt und PBL ist für mich als Lehrmethode in den Hintergrund gerückt. Kürzlich habe ich im Buch von Christof Arn über agile Hochschuldidaktik [1] gelesen, dass diese mindestens zweierlei Herausforderungen bietet: Erstens müsse man über seinen eigenen Schatten springen und die Kontrolle darüber aufgeben, was man genau vermitteln will. Ich glaube, was mich an meiner didaktischen Ausbildung am meisten gestört hat, war der genaue Zeitplan und die Offenlegung der Lernziele jeder Stunde. Mein Herz hat also erst einmal einen Sprung gemacht.
Agilität als Grundhaltung
Beim Weiterlesen habe ich dann gemerkt, dass mir das nicht so schwer fallen dürfte: Meine Grundhaltung ist in der Lehre sehr agil. Ich gehe auf die Studierenden ein, beantworte ihre Fragen und versuche auch immer wieder, ihnen Fragen zu entlocken, wenn sie selber meinen, es sei alles klar. Ich habe zwar bislang – wie gelernt – einen genauen Zeitplan gemacht. Für mich habe ich aber immer gedacht: Mal sehen, vielleicht braucht etwas mehr, vielleicht auch weniger Zeit.
Lange habe ich mich über Aussagen von Studierenden gewundert, dass sie mich schätzten, weil sie bei mir immer Fragen stellen dürfen. Offenbar ist diese Agilität nicht allen Dozierenden selbstverständlich. Ich fühle mich am besten, wenn ich mit den Studierenden zusammen viele Antworten finden konnte.
Der Kampf mit dem Schulmeister
Das Buch zur agilen Hochschuldidaktik nennt eine zweite Herausforderung (und hier kommt jetzt mein zweitens): Sobald Menschen sich in einem Schulzimmer befinden, fangen sie sich wieder an zu benehmen wie Erstklässler. Ich hoffe, nicht alle sind derart traumatisiert, aber ich teile seine Einschätzung, dass man erst einmal lange dafür kämpfen muss, überhaupt als „agile Lehrperson“ wahrgenommen zu werden. Alleine die Sitzordnung in Reihen, die immer noch in vielen Schulungsräumen vorherrscht, verleitet natürlich zur Annahme, dass hier „ein Lehrer“ vor einem steht. Und der soll einem doch bitteschön jetzt beibringen, was richtig und was falsch ist.
Es braucht seine Zeit, aber irgendwann haben alle im Raum begriffen, dass es bei mir nicht so läuft. Und dann (sofern zu diesem Zeitpunkt das Semester noch nicht vorbei ist), kommt neben den Fragen auch das Teilen von Wissen zum Zug.
[1] : Christof Arn (2016): Agile Hochschuldidaktik. Weinheim und Basel: Beltz Juventa.